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Eine, die dem Tod professionell begegnet

Saarbrücken. „Die Leute versuchen so zu tun, als sei es etwas Normales.“ Und zwar dann, sagt Vanessa John, wenn die Rede auf ihren Beruf kommt. Die 20-Jährige ist Bestatterin. Und für Menschen, die nicht fast jeden Tag mit Toten zu tun haben, ist das alles andere als ein ganz normaler Beruf – aber offenbar ein spannender

Von SZ-Redakteur Martin Rolshausen

„Die Leute versuchen so zu tun, als sei es etwas Normales.“ Und zwar dann, sagt Vanessa John, wenn die Rede auf ihren Beruf kommt. Die 20-Jährige ist Bestatterin. Und für Menschen, die nicht fast jeden Tag mit Toten zu tun haben, ist das alles andere als ein ganz normaler Beruf – aber offenbar ein spannender. „Man wird schon immer wieder gefragt, was man da so macht“, sagt Hubert Laubach. Laubach führt ein großes Bestattungsunternehmen mit 17 Festangestellten und drei Auszubildenden – und er ist Vanessa Johns Chef.Ein stolzer Chef. Als die junge Frau vor gut drei Jahren ein Praktikum bei ihm im Betrieb gemacht hat und unbedingt Bestatterin werden wollte, sei er schon beeindruckt gewesen von so viel Entschlossenheit, sagt Laubach. Wobei es damals schon keine Besonderheit war, dass eine junge Frau in diesen Beruf will.Anders als im FernsehenKollegen aus ganz Deutschland hatten ihm erzählt, dass Fernsehserien wie „Six Feet Under – Gestorben wird immer“ vor allem bei Mädchen und jungen Frauen den Wunsch nach Berufen wecken, die mit dem Tod zu tun haben.

Auf den deutschlandweit zentral organisierten Lehrgängen hat Vanessa John dann auch festgestellt, dass gut die Hälfte aller Auszubildenden Frauen sind. Laubach selbst hat zusammen mit John in diesen Tagen eine zweite Auszubildende, Karoline Bohn, in die Festanstellung übernommen. Den beiden jungen Frauen ist längst klar, was Hubert Laubach ihnen bereits zu Beginn ihrer dreijährigen Ausbildung gesagt hat: „Was man da oft im Fernsehen sieht, hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Dass jemand mit einem Brot in der Hand im Raum mit der Leiche ist, geht gar nicht. Und Witze machen über Tote ist nicht unsere Sache.“Was nicht heiße, dass Bestatter keinen Humor haben. Das Wichtigste an diesem Beruf sei aber nun mal, professionell zu sein. Das gilt auch für den Umgang mit Trauer. „Wenn sich jemand umgebracht hat, erhängt oder erschossen“, dann sei das auch für Bestatter eine harte Situation, sagt Vanessa John. „Besonders schwierig ist es auch, wenn ein Kind gestorben ist“, sagt Laubach. Die eigenen Gefühle müsse der Bestatter aber im Griff haben. „Einer muss der Profi sein und darf eben nicht von Gefühlen übermannt werden, sonst kann er nicht mehr ordentlich arbeiten“, erklärt Laubach. Und ordentlich arbeiten, heißt nicht nur, die Leiche abzuholen, sie herzurichten, sich um Sarg und Grabschmuck zu kümmern. Der Bestatter muss auch im Umgang mit den Hinterbliebenen den richtigen Ton treffen und helfen.
Kann man nach so einem Arbeitstag nach Hause gehen wie aus dem Büro oder aus der Werkstatt? „Man nimmt das nicht mit nach Hause“, sagt Vanessa John. Und bisher haben die Toten sie auch noch nicht in ihre Träume verfolgt, sagt sie. „Wenn jemand Albträume bekommen sollte, dann wäre ein Gespräch fällig“, sagt Laubach. Ein Gespräch mit der Psychologin des Betriebs. Das sei aber noch nicht nötig gewesen.

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Vanessa John mit einer Urne im Büro des Bestattungsunternehmens Hubert Laubach
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